Ein Jäger namens De Carli

«Frühmorgens bei Sonnenaufgang auf dem Hochsitz Tiere beobachten: Das sind für mich die schönsten Momente als Jäger», erzählt Mauro De Carli. Für den Hauswart am Hauptsitz der St.Galler Kantonalbank ist die Jagd längst mehr als ein Hobby, sie ist seine Leidenschaft.

Ihr frönt er in seinem Jagdrevier in Ebnat-Kappel im Toggenburg. Dort zwischen Thur und Necker erlebt er zahlreiche schöne Stunden als Jäger. Dort erfüllt er aber auch viele Verpflichtungen und Arbeiten für den Erhalt eines intakten Lebensraums für die Wildtiere.

Schon als kleiner Knirps hat er seinen Onkel, seinen Grossvater und auch seine Grossmutter auf die Jagd begleitet. «Jäger wollte ich aber eigentlich nicht werden, schon eher Fussballer», erzählt Mauro mit einem verschmitzten Lächeln. Gekommen ist es aber anders. «Als Ende der 90er-Jahre mein Traum vom Profifussball nach mehreren Knieoperationen endgültig ausgeträumt war, wusste ich nicht so recht weiter.» Einer seiner Brüder, selbst auch Jäger, habe ihn ohne sein Wissen zur Jagdausbildung angemeldet. «Erfahren habe ich davon erst, als ich schriftlich zum Ausbildungsgang aufgeboten wurde», beschreibt Mauro seinen Start als Weidmann. «Das ist das Beste, was mir passieren konnte. Ich bin sehr gerne in der Natur, erlebe deren Vielfalt mit grosser Intensität, immer ganz hautnah und auch mit allen Sinnen. Für mich gibt es nichts Schöneres. Das ist Freiheit pur», schwärmt er rückblickend auf seinen damaligen Entscheid. «Diese Freiheit hat seinen Preis», fügt er sogleich hinzu. Wolle man sie auch künftig geniessen, müsse man mit der Natur sorgsam umgehen. Die Wildtiere verdienten Rücksicht und Respekt. «Auch der Schutz der Tiere gehört zu den Aufgaben der Jägerinnen und Jäger», betont er. Ganz besonders gefordert seien sie im Frühling und im Sommer, wenn die Jungtiere zur Welt kommen.

Jagen im eigenen Revier

Zusammen mit einer Kollegin und neun Kollegen ist Mauro Mitglied der Jagdgesellschaft Ebnat-Kappel Sonnenhalb und damit Pächter des Reviers. Jeweils für acht Jahre überträgt der Kanton einer Jagdgesellschaft die Verantwortung für ein Revier. Erfüllt sie ihre Aufgaben, kann die Pacht um weitere acht Jahre verlängert werden. «Unser wunderschön gelegenes Revier im Toggenburg umfasst eine Fläche von 1400 Hektaren, vor allem Wald und landwirtschaftlich genutzte Flächen», erzählt Mauro. Dort dürfe die Jagdgesellschaft jagen. Vorgaben der kantonalen Jagdverwaltung und Absprachen unter den Revierpächtern in der Region im Rahmen einer Hegegemeinschaft sorgen dafür, dass bei Rot-, Gams- und Rehwild sorgfältig und im richtigen Alters- und Geschlechterverhältnis in den Bestand eingegriffen wird. «So stellen wir sicher, dass der Wildbestand nachhaltig gesichert ist und dass die von Wildtieren durch Verbiss verursachten Schäden an Bäumen und Kulturen nicht überhandnehmen», erklärt Mauro weiter. Wie jeder Jäger und jede Jägerin freut sich auch Mauro über einen Jagderfolg. «Ebenso freue ich mich über den Jagderfolg einer Kollegin oder eines Kollegen», sagt er. Ganz besonders schätzt er aber das gesellige Beisammensein mit Jägerinnen und Jägern. «Oft essen wir im Anschluss an eine Treibjagd im Herbst in oder vor der Jagdhütte», erzählt Mauro weiter. Dann würden sie zusammen grillieren und Jagderfahrungen austauschen. «Je länger der Anlass dauert, desto mehr Jägerlatein hört man. Auch die Jagderlebnisse werden immer ruhmreicher erzählt», sagt Mauro und lächelt. Diese Stunden der Geselligkeit geniesse er sehr ebenso wie die Pflege der jagdlichen Traditionen.

Hegen und Pflegen

Das Revier muss das ganze Jahr gepflegt werden. Es geht darum, dass der Lebensraum für die Wildtiere gesund und intakt erhalten bleibt. Zusammen mit dem Forst wird Waldpflege betrieben, Jungwuchs von Bäumen und Tannen vor Verbiss geschützt, zudem werden Flächen von Sturmholz geräumt und verbotene oder unnötige Zäune entfernt. Gerade hier haben die St. Galler Jäger jüngst viel erreicht: Ihre Initiative «Stopp dem Tierleid» hat dazu geführt, dass Stacheldraht weitgehend eliminiert wird. Jetzt sind die Jäger bei der Umsetzung zusammen mit der Landwirtschaft gefordert. Aber auch jagdliche Einrichtungen wie Hochsitze müssen geplant, errichtet und gepflegt werden. Dazugehörende Freiflächen müssen jährlich wieder freigeschnitten werden. Wildfütterungen sind nicht gestattet, erlaubt ist dagegen die Einrichtung von sogenannten Salzlecken. Sie werden von Wildtieren gerne genutzt. Schliesslich geht es auch darum, mit geeigneten Massnahmen mitzuhelfen, dass es auf den Strassen im Revier möglichst nicht zu Unfällen mit überquerenden Wildtieren kommt. Wenn dennoch einmal ein Unfall mit einem Wildtier geschieht, wird ein Jäger aus dem betreffenden Revier aufgeboten. Er ist berechtigt und verpflichtet, ein verletztes Tier von seinem Leiden zu erlösen. Die Palette der Hege- und Pflegeaufgaben, die zum Pflichtenheft der Jägerschaft gehört, ist umfangreich. Mauro De Carli engagiert sich mit viel Zeit und viel Arbeit stark für diese Aufgaben. Grossen Wert legt er auch auf ein gutes Einvernehmen mit der Bevölkerung, vorab mit den Landwirten im Revier. Selber ist er sicher: Gegenseitiges Kennen und Schätzen hilft bei der Lösung jedes Problems. Besonders stolz erwähnt er im Zusammenhang mit den Hegearbeiten im Revier, dass jedes Jahr etliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der St.Galler Kantonalbank seine Einladung zu einem Freiwilligentag im Revier annehmen. Etliche Teilnehmende möchten diesen Tag nicht mehr missen.

Die gute Seele am Hauptsitz

Früh fängt auch Mauros Arbeitstag als Hauswart am Hauptsitz der St.Galler Kantonalbank an. Gemeinsam mit seinem Vorgesetzten Urs Schuhmacher bringt er jeden Morgen ab 5.45 Uhr die Bank zum Strahlen. Der gesamte Aussenbereich rund um den Hauptsitz wird gereinigt. «Im Herbst, wenn die Bäume die Blätter verlieren, und im Winter, wenn es schneit, müssen wir auch früher anfangen», meint er. Noch bevor die ersten Mitarbeitenden die Bank betreten, haben die beiden auch die Kundenhalle und die Tiefgarage kontrolliert und Abfall weggeräumt. Wenn Kolleginnen und Kollegen morgens vor Arbeitsbeginn ihren Kaffee in der Cafeteria holen, geniessen die beiden bereits ihre erste wohlverdiente Pause. «Auch wenn unser Arbeitstag geplant anfängt und einige Aufträge fix sind, müssen wir sehr flexibel sein», sagt Mauro De Carli. Ausserdem betont er, dass sie selbstverständlich auch für Noteinsätze zuständig sind. «Ein Nein wird man von uns nicht hören.» Das liege auch daran, dass sie ein so gut eingespieltes Team seien. Damit meint er das gesamte Team Zentrale Dienste. Sie sind die guten Seelen: Sie verteilen die Post, leisten Unterstützung bei Kundenanlässen und Events, erledigen Druckaufträge, stellen die Versorgung der Mitarbeitenden mit Büromaterial sicher und übernehmen die komplette Entsorgung. Seit 14 Jahren arbeitet Mauro bei der St.Galler Kantonalbank. «Bereut habe ich es noch keinen Tag», sagt er und lächelt. Er habe eine zweite Familie bei der SGKB, die er auf keinen Fall missen möchte. «Wir helfen uns gegenseitig nicht nur bei der Arbeit, sondern auch im Privatleben. Und darum halten wir in guten wie in weniger guten Zeiten zusammen.» Auch er habe mal eine weniger gute Zeit gehabt, als seine Wohnung ausbrannte. «Die gesamte Bank hat mich in dieser schwierigen Zeit unterstützt. Ich war und bin noch immer überwältigt.»