19. Februar 2024, Tägliche Marktsicht

Inflationsentwicklung überrascht die Märkte

Während die Inflation in der Schweiz letzten Monat überraschend stark gesunken ist, hält sie sich in den USA hartnäckiger als erwartet. In beiden Fällen wurden Marktteilnehmende überrascht und haben in der Folge ihre Zinserwartungen angepasst.

Im Fokus

Die Inflation in der Schweiz ist im Januar überraschend auf 1.3% gesunken. Dieser deutliche Rückgang hat die Marktteilnehmenden überrascht. Es wurde erwartet, dass die Teuerung zu Jahresbeginn bei 1.7% verharrt. Denn mit dem Jahreswechsel wurden die Strompreise sowie die Mehrwertsteuer erhöht. Diese Preiserhöhungen wurden jedoch durch Preissenkungen in anderen Segmenten kompensiert, weshalb die Inflation insgesamt zurückgekommen ist. Gesunken sind die Preise etwa für den Verkehr oder die Gesundheitspflege. Auch für Produkte aus Erdöl wird heute weniger bezahlt als noch vor einem Jahr.

Nach der Publikation der Inflationsdaten kamen am Markt Spekulationen auf, wonach die Schweizerische Nationalbank (SNB) ihre Zinsen früher als bisher erwartet senken könnte. Einige Marktteilnehmenden erwarten neu bereits im März eine erste Zinssenkung der SNB. Diese Erwartung halten wir für übertrieben. Einerseits sind die Zinsen in der Schweiz nicht auf einem Niveau, auf dem sie die Wirtschaft stark bremsen. Andererseits entwickelt sich die Schweizer Wirtschaft insgesamt robust und zwingt die SNB nicht zu raschen Zinssenkungen. Hinzu kommt, dass die für die Berechnung der Teuerung wichtigen Mieten in den kommenden Monaten erneut steigen werden, da der massgebende Referenzzinssatz Anfang Dezember auf 1.75% anstieg. Aktuell basieren gemäss Wüest Partner rund drei Viertel aller Mietverträge auf einem Referenzzinssatz von 1.5% oder tiefer. Damit wird wohl ein Grossteil der Mieterinnen und Mieter in den kommenden Monaten erneut von Mieterhöhungen betroffen sein, was sich wiederum auf die Inflationsrate auswirken wird. Mit Zinssenkungen rechnen wir in der Schweiz deshalb erst zu Beginn des nächsten Jahres.

Auch in den USA wurden vergangene Woche Inflationsdaten publiziert, welche nicht den Markterwartungen entsprachen. Allerdings ist die Inflation dort weniger stark gesunken als von den Marktteilnehmenden erhofft. Im Januar lagen die Konsumentenpreise in den USA im Vergleich zum Vorjahr um 3.1% höher, nach 3.4% im Dezember. Damit zeigt der Inflationstrend zwar in die richtige Richtung, erwartet wurde aber ein Rückgang auf 2.9%. Die Kernrate verharrte auf einem hohen Niveau von 3.9%. Ein Grund für die hartnäckige Inflation sind unter anderem steigende Wohnkosten. Ausserdem steigen die Löhne in den USA weiterhin stark an und treiben damit die Preise für Dienstleistungen nach oben.

Da sich die US-Inflation hartnäckiger hält als vom Markt erwartet, erhielten die Spekulationen auf baldige Zinssenkungen einen weiteren Dämpfer. Bereits mehrfach wurde der Zeitpunkt, an dem eine erste Zinssenkung erwartet wird, aufgrund robuster Konjunkturdaten nach hinten verschoben. Mit einer ersten Zinssenkung wird nun an der Notenbanksitzung im Juni gerechnet. Noch zu Jahresbeginn wurde erwartet, dass die US-Notenbank bereits im März ihre Leitzinsen erstmals senkt. Ausserdem werden nur noch vier Zinssenkungen bis Ende Jahr erwartet - nicht mehr sechs wie zu Jahresbeginn. Dies halten wir für realistisch. Denn obwohl die Inflation zuletzt weniger stark gesunken ist, zeigt der Trend in die richtige Richtung. Hinzu kommt, dass die Zinsen auf dem aktuellen Niveau stark bremsend auf die US-Wirtschaft wirken. Daher dürfte die Fed diesen Sommer damit beginnen die Zinsen zu senken. Angesichts der robusten Konjunktur sowie der guten Lage auf dem Arbeitsmarkt sind starke Zinssenkungen jedoch nicht nötig.

Aktienmärkte

US-Aktienmärkte
Dow Jones: -0.37%, S&P500: -0.48%, Nasdaq: -0.82%

Europäische Aktienmärkte
EuroStoxx50: +0.47%, DAX: +0.41%, SMI: +0.23%

Asiatische Märkte
Nikkei 225: -0.04%, HangSeng: -0.77%, S&P/ASX 200: +0.09%

Die laufende Berichtssaison der Unternehmen ist im vollen Gange. Ein klarer Trend hat sich bisher nicht herauskristallisiert. Von den Unternehmen im S&P500 haben rund 80% die Zahlen vorgelegt. Drei Viertel dieser Firmen lagen mit ihren Gewinnzahlen über den Analystenerwartungen und damit im Durchschnitt der vergangenen 10 Jahre, wonach rund 75% der vorgelegten Abschlüsse über den Konsenserwartungen liegen. Die Gewinne übertrafen dabei die Schätzungen jedoch im Schnitt nur um 4% und somit weniger als der 10-Jahres-Durchschnitt von 6.7%. Für positive Impulse von der Unternehmensseite sorgten vergangene Woche vor allem die Zahlen des Halbleiterausrüsters Applied Materials (+6.4%) am Donnerstagabend, welche den Anlegern Hoffnung auf eine Belebung der Chipbranche machten. In der Schweiz standen die zwei grosskapitalisierten Werte Sika (+2.8%) und SwissRe (-2.6%), welche am Freitag die Jahreszahlen präsentierten, im Fokus. Beim Bauchemie-Konzern belastete die Übernahmen von MBCC die Gewinnzahlen. Der Reingewinn ging um 8.6% auf CHF 1.06 Mrd. zurück. Im laufenden Jahr soll der Umsatz in Lokalwährung um 6% bis 9% und der Betriebsgewinn überproportional ansteigen. Der Rückversicherer SwissRe steigerte den Gewinn um CHF 472 Mio. auf CHF 3.2 Mrd. und verdiente damit operativ erstmals seit 2016 wieder die ausbezahlte Dividende. Diese soll um 6% auf USD 6.80 je Aktie steigen. Für das laufende Jahr wird ein Gewinn von USD 3.6 Mrd. erwartet. In der vergangenen Woche lag der Fokus der Marktteilnehmer neben den Unternehmensabschlüssen aber vorwiegend auf den US-Inflationsdaten. Diese bremsten die US-Märkte zur Wochenmitte und am Freitag aus. In den USA ist die Inflation im Januar stärker gestiegen als erwartet. Der Konsumentenpreisindex stieg im Jahresvergleich um 3.1% nach 3.4% im Dezember. Die Kernrate, die Lebensmittel und Energiepreise ausschliesst, verharrte bei 3.9%. Zum Ende der Woche bestätigten die höher als erwartet ausgefallenen US-Erzeugerpreise die hartnäckige Inflation und sorgten für Verunsicherung. Die Inflationsdaten liessen neben dem US-Dollar die US-Staatsanleihe-Rendite weiter auf 4.3% und somit auf den höchsten Stand seit November 2023 ansteigen. Die Daten sorgten erneut für ein Aufflammen der Ängste der Marktteilnehmer, dass die US-Notenbank die Zinsen noch länger auf erhöhtem Niveau belassen wird. Insgesamt ist für uns jedoch dank solider US-Konjunktur und potenziellen Zinssenkungen später im Jahr eine gut dotierte Aktienposition gerechtfertigt, auch wenn der Weg unruhiger wird. Der S&P 500 gab in der Folge letzte Woche um 0.42% nach. Die europäischen Aktien konnten sich besser halten und stiegen um 1.06%, während der Swiss Performance Index die Woche mit einem Plus von 0.19% abschloss.

Kapitalmärkte

Renditen 10 J: USA: 4.279%; DE: 2.399%; CH: 0.825%

Nachdem die Produzentenpreise in den USA überraschend stark gestiegen sind, hat die Rendite der richtungsweisenden 10-jährigen US-Staatsanleihe am Freitag zugelegt. Wie bereits die am Dienstag veröffentlichen Inflationsdaten deuten auch die Produzentenpreise daraufhin, dass die Inflation in den USA langsamer sinkt als erwartet.

Währungen

US-Dollar in Franken: 0.8810
Euro in US-Dollar: 1.0785
Euro in Franken: 0.9501

Nachdem die Inflation in der Schweiz überraschend zurückgekommen ist, verlor der Schweizer Franken gegenüber dem Euro deutlich an Wert. Die Gemeinschaftswährung stieg daraufhin über die Marke von 0.95 und konnte dieses Niveau bisher halten.

Rohstoffmärkte

Ölpreis WTI: USD 78.75 pro Fass
Goldpreis: USD 2'021.91 pro Unze

Der Ölpreis der US-Sorte WTI hat in den letzten zwei Wochen um rund 6 US-Dollar zugelegt. Auch am Freitag ist der Ölpreis erneut gestiegen. Die anhaltenden Spannungen im Roten Meer sowie die Sorge vor einer weiteren Eskalation im Nahen Osten treiben den Ölpreis an.

Wirtschaft

USA: U. Michigan Konsumentenvertrauen (Februar)
letztes: 79.0; erwartet: 79.6; aktuell: 80.0

Die Stimmung unter den US-Konsumentinnen und Konsumenten hat sich im Februar erneut aufgehellt. Das von der Universität Michigan erhobene Konsumklima stieg auf den höchsten Wert seit Mitte 2021. Verbessert haben sich vor allem die Erwartungen, während die aktuelle wirtschaftliche Lage leicht schlechter beurteilt wird.

Tobias Kistler

Senior Finanzanalyst
Stauffacherstrasse 41
8021 Zürich
Ansicht vom Gebäude der Niederlassung der St.Galler Kantonalbank in Zürich

Céline Koster

Strategieanalystin
Stauffacherstrasse 41
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