04. November 2024, Tägliche Marktsicht
Inflation war gestern, ist heute Deflation?
Die Inflationsrate in der Schweiz ist im Oktober auf 0.6% gesunken. Wenn man den Ausführungen der Nationalbank zuhört, haben Befürchtungen über eine Deflation bei ihr das Szepter übernommen. An der Inflationsmechanik hat sich seit dem Frühjahr, als die Inflationsrate bei 1.4% lag, jedoch nur wenig verändert.
Im Fokus
Die Inflationsrate in der Schweiz ist im Oktober auf 0.6% gesunken. Wenn man den Ausführungen der Nationalbank zuhört, haben Befürchtungen über eine Deflation bei ihr das Szepter übernommen. An der Inflationsmechanik hat sich seit dem Frühjahr, als die Inflationsrate bei 1.4% lag, jedoch nur wenig verändert. Die Inlandteuerung ist mit 1.8% immer noch am oberen Rand des SNB-Zielbandes. Der abnehmende Inflationsdruck kommt ausschliesslich aus dem Warensektor und hier vor allem durch die Importgüter. Die Preise der Importgüter lagen im Oktober 3.7% unter dem Vorjahr, den tieferen Energiepreisen und dem starken Franken sei Dank. Die importierte Inflation ist aber grösseren Schwankungen unterworfen als die Inlandteuerung. Steigen die Rohstoffpreise oder wird der Franken schwächer, steigen die Importpreise wieder.
Im nächsten Jahr wird der Druck bei der Inlandteuerung abnehmen, wenn die Mietzinserhöhungen des Frühjahrs aus der Inflationsrechnung herausfallen. Die Mietpreise waren im Oktober im Vergleich zum Vorjahr 4.0% höher. Zudem haben sie mit einem Gewicht von 19% im Warenkorb einen starken Einfluss auf die Inflationsrate. Hinzu kommt, dass der Referenzzinssatz für die Mieten durch die Zinssenkungen der SNB wieder sinken wird, was zu verbreitet tieferen Mieten führt. Das Potenzial für die die Mieten nach unten ist aber angesichts der verbreiten Engpässe bei den Mietwohnungen begrenzt. Weiter wird angeführt, dass die tieferen Strompreise im nächsten Jahr die Inflation drücken werden. Der direkte Einfluss der Strompreise ist mit einem Gewicht von nur 2% jedoch gering. Ob die Unternehmen die tieferen Stromkosten an die Konsumenten weitergeben, ist fraglich, solange die Nachfrage nach ihren Produkten gut ist. Die Preiserhöhungen in den Restaurants und Hotels, die 10% der Inflationsrate ausmachen, schwanken dagegen seit Monaten in einem recht breiten Band um 2.0% herum. Solange die Wirtschaft nicht in Richtung Rezession abdriftet, die Arbeitslosenrate nicht deutlich ansteigt und die Tourismusorte sich eher über zu viele als zu wenige Gäste beklagen, wird der Preisdruck in diesem Sektor nicht kleiner. Die Inlandteuerung wird abnehmen, aber nicht in einen Bereich, der Deflationsängste schüren muss.
Ein Blick ins Ausland lässt den Beobachter auch vorsichtig werden. In Deutschland ist die Inflationsrate auf in der EU vergleichbarer Basis im Oktober von 1.8% auf 2.4% angestiegen. Ob das eine Trendwende darstellt oder ob sich der Inflationsdruck auf einem Niveau von 2% einpendelt, wird sich zeigen. In den USA sind die Renditen der Obligationen um mehr als 0.5% gestiegen, nachdem die Erwartungen an Zinssenkungen der Fed massiv reduziert wurden. Das hat mit besser als erwarteten Konjunkturdaten und der sich verflüchtigenden Angst vor einer Rezession zu tun. Ein wichtiger Faktor ist aber auch der Plan von Donald Trump, bei einer allfälligen Wiederwahl die Zölle auf mehr oder weniger allem, was die Amerikaner importieren, zu erhöhen. Höhere Zölle führen zu höheren Kosten, die über höhere Preise an die Konsumenten weitergegeben werden. Ob die die Inflationsrate dadurch effektiv steigen wird, ist allerdings unsicher. Trump muss zuerst gewählt werden. Dann braucht es seine Zeit, bis die Zölle beschlossen und eingeführt sind. Sollte durch die Zölle die Konjunktur geschwächt werden, wird der Inflationsdruck gar sinken. Zudem sind andere Faktoren wie der Ölpreis für die Inflationsrate in den USA wichtiger. Klar ist aber, dass der Trend nicht nur in den USA in Richtung mehr Protektionismus und weniger internationaler Freihandel geht. Dadurch nimmt der Wettbewerb ab und die Kosten der Unternehmen in der Produktionskette steigen.
Dass die Inflationsraten wieder auf die Höhen von 2022 und 2023 ansteigen, kann ausgeschlossen werden. Dafür müssten die Energiepreise drastisch steigen. Trotz der sich drehenden Eskalationsspirale im Nahen Osten und der damit verbundenen Gefahr eines Unterbruchs der Öllieferungen aus dem Persischen Golf ist das unwahrscheinlich. Ein Lieferkettenproblem auf fast allen Produkten ist ebenfalls nicht zu erwarten, ebensowenig ein überbordender Konjunkturboom in den westlichen Industrieländern oder in China. Solange es keine Rezession gibt, wird der Lohndruck in den meisten Ländern angesichts des engen Arbeitsmarktes aber erhöht bleiben. Die Inflationsraten in den USA und in der Eurozone werden daher nicht weiter fallen. Die Inflation ist ein internationales Phänomen. Deshalb gelten die gemachten Aussagen auf einem tieferen Niveau auch für die Schweiz. Die Befürchtungen vor einer deflationären Phase sind unbegründet.
Aktienmärkte
US-Aktienmärkte
Dow Jones: +0.69%, S&P500: +0.41%, Nasdaq: +0.80%
Europäische Aktienmärkte
EuroStoxx50: +1.04%, DAX: +0.93%, SMI: +1.48%
Asiatische Märkte
Nikkei 225: geschlossen, HangSeng: +0.18%, S&P/ASX 200: +0.56%
Die Wahlen in den USA kommen näher und die Nervosität der Anlagerinnen und Anleger steigt. Das wird sich in dieser Woche kaum ändern, bis klar ist, wer gewonnen hat und wie die Mehrheitsverhältnisse im US-Kongress in den nächsten zwei Jahren sein werden. Der S&P 500 verlor letzte Woche 1.37%. Die europäischen Aktien verloren 1.32%, während der Swiss Performance Index die Woche mit einem Minus von 1.70% abschloss.
Die Dynamik der Weltwirtschaft kühlt sich schrittweise ab und die Inflationsraten nähern sich wieder den Zielbereichen der Zentralbanken. Dies schafft Spielraum für weitere Zinssenkungen, die mit einer gewissen Verzögerung positiv auf die wirtschaftliche Entwicklung wirken werden. Insbesondere die US-Wirtschaft zeigt sich trotz einer Abkühlung weiterhin robust. Aktuell sehen wir ein geringes Risiko einer Rezession in den USA. Trotz geopolitischer Risiken, wie etwa im Nahen Osten, erweisen sich die Aktienmärkte als widerstandsfähig. Die Nervosität der Anleger hat merklich nachgelassen und Rückschläge werden primär als Kaufgelegenheiten betrachtet. Die stabile wirtschaftliche Entwicklung, die Aussicht auf weitere geldpolitische Unterstützung und die Widerstandsfähigkeit der Märkte sprechen für die Aktien.
Kapitalmärkte
Renditen 10 J: USA: 4.384%; DE: 2.405%; CH: 0.403%
Die Renditen der Obligationen in den USA und im umliegenden Europa steigen weiter an. Die Zinsen in der Schweiz lassen sich davon nicht beeindrucken. Entgegen dem internationalen Trend sind die Obligationen in der Schweiz gesucht, nachdem der neue SNB-Präsident Martin Schlegel Zinssenkungen in der Mehrzahl praktisch angekündigt hat.
Währungen
US-Dollar in Franken: 0.8653
Euro in US-Dollar: 1.0896
Euro in Franken: 0.9429
Der US-Dollar legt zu. Die im Vergleich zu Europa robustere US-Konjunktur unterstützt den Dollar. Das dämpft die Zinssenkungseuphorie im Markt. Detailliert gehen wir in der neuen Ausgabe unseres monatlichen Währungsberichts auf die Verhältnisse im Devisenmarkt und ihre Auswirkungen auf den Franken ein.
Währungsbericht
Zu Beginn des Schlussquartals 2024 entwickelten sich der Euro und der US-Dollar gegenläufig zum Schweizer Franken. Nach einer Schwächephase im August und September konnte der Dollar wieder an Boden gewinnen.
Rohstoffmärkte
Ölpreis WTI: USD 70.74 pro Fass
Goldpreis: USD 2'737.97 pro Unze
An den Rohstoffmärkten ist Ruhe eingekehrt. Im Vergleich zu den Vorwochen halten sich die Preisbewegungen in engen Grenzen. Ob sich das nach den Wahlen in den USA ändern wird und in welche Richtung, ist offen.
Wirtschaft
USA: Non Farm Payrolls (Oktober) letzte: 223’000; erwartet: 100’000; aktuell: 12’000
USA: Arbeitslosenrate (Oktober) letzte: 4.1%; erwartet: 4.1%; aktuell: 4.1%
In den USA wurden im Oktober kaum neue Stellen geschaffen. Die Zahlen wurden jedoch durch den Streik bei Boeing und die beiden Hurricanes im Südosten des Landes verzerrt. Wie gross der Einfluss dieser Sonderfaktoren ist, lässt sich nur schwer beziffern. Durch den Streik bei Boeing hat sich die Zahl der Stellen in der Industrie um mehr als 30'000 verringert. Dazu dürften noch Stellenverluste bei den Tausenden von Zulieferern kommen. Die Arbeitslosenrate, welche durch eine andere Umfrage erhoben wird, blieb im Oktober stabil.
Thomas Stucki
8021 Zürich
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