15. Februar 2024, CIO-Sicht | Zinsen & Geldpolitik

Das Eigenkapital der SNB schmilzt dahin

Die SNB weist für das Geschäftsjahr 2023 erneut einen Verlust aus. Was bedeutet dies für die SNB?

Die Nationalbank weist nach dem Verlust von 132 Mrd. Franken im Vorjahr auch für das Geschäftsjahr 2023 einen Verlust von 3 Mrd. Franken aus. Das Eigenkapital der SNB schmilzt auf 63 Mrd. Franken, was nur noch knapp 8% der Bilanzsumme entspricht. Die Gefahr, dass das Eigenkapital durch schwache Finanzmärkte oder eine deutliche Aufwertung des Frankens ganz verschwindet, ist real. Kurzfristig bedeutet der neuerliche Verlust der SNB aber nur, dass der Bund und die Kantone keine Gewinnausschüttung erhalten und an die Besitzer von SNB-Aktien keine Dividende ausgeschüttet wird. Letztere werden das besser verkraften können als die Finanzdirektoren vieler Kantone.

Während normale Unternehmen ohne Eigenkapital den Gang zum Konkursamt antreten müssen, kann die Nationalbank auch mit einem negativen Eigenkapital ihre Funktion als Notenbank der Schweiz weiter ausüben. Sie ist jederzeit in der Lage, ihren Verpflichtungen nachzukommen, notfalls durch den Druck neuer Franken. Das unterscheidet sie von der Schwedischen Riksbank, die über einen Notkredit des Parlamentes gerettet werden musste, weil sie laut Gesetz über ein positives Eigenkapital verfügen muss. Ein solcher Passus ist im Nationalbankgesetz nicht enthalten.

Ein negatives Eigenkapital wäre für die SNB vor allem ein Reputationsproblem. Ihre Aufgaben, insbesondere die Gewährung der Preisstabilität über eine entsprechende Zins- und Währungspolitik, könnte sie ohne Einschränkungen weiter wahrnehmen. Wie bei der Tschechischen Zentralbank, die seit Jahren mit einem negativen Eigenkapital funktioniert, würden sich die Finanzmärkte nach einer kurzen Aufregung rasch nicht mehr dafür interessieren. Die Stabilität des Frankens und der Schweizer Wirtschaft wäre nicht in Frage gestellt. Dennoch tut die SNB gut daran, die Devisenreserven weiterhin über Verkäufe von Fremdwährungen abzubauen, sofern es der Wechselkurs des Frankens zulässt. Nur so kann sie die Schwankungen bei ihren Gewinnen und Verlusten verkleinern und die Diskussionen um Gewinnausschüttungen und andere Finanzierungsbegehren beruhigen.

Thomas Stucki

Leiter Investment Center
Stauffacherstrasse 41
8021 Zürich
Ansicht vom Gebäude der Niederlassung der St.Galler Kantonalbank in Zürich