16. September 2024, Tägliche Marktsicht
Obligationen ja, Experimente nein
Obligationen haben in den Augen vieler Anlegerinnen und Anleger einen schlechten Ruf. Sie gelten als langweilig und bieten wenig Raum für gute Geschichten. Dennoch gehören Obligationen als stabilisierendes Element ins Portfolio.
Im Fokus
Obligationen haben in den Augen vieler Anlegerinnen und Anleger einen schlechten Ruf. Sie gelten als langweilig und bieten wenig Raum für gute Geschichten, mit denen man im Kollegenkreis punkten kann. Erfolge bei der Auswahl von Aktien oder bei der Spekulation mit Bitcoin sind diesbezüglich deutlich attraktiver. Dennoch gehören Obligationen als stabilisierendes Element ins Portfolio, auch wenn das 2022 nicht funktioniert hat. Der starke Zinsanstieg in jenem Jahr war neben dem Inflationsschub auch der Corona-Pandemie geschuldet. Ohne Corona hätten die Zentralbanken die Zinsen früher angehoben, wie es die Fed ab 2018 vorgemacht hat. Die zyklisch notwendigen Zinserhöhungen wären in diesem Fall über eine längere Periode verteilt worden, was die Kursverluste auf den Obligationen geglättet hätte. Insgesamt bestätigt die Erfahrung der letzten dreissig Jahre, und damit über verschiedene Konjunkturzyklen hinweg, jedoch das stabilisierende Element konservativer Obligationen.
Damit ist das Stichwort gegeben, welches es zu beachten gilt. Die Stabilitätsfunktion bedingt eine konservative Auswahl der Bonität der Emittenten, was das Renditepotenzial einschränkt. Die Durchschnittsrendite des Swiss Bond Index und damit eines breiten Obligationenportfolios in Schweizer Franken ist von 2.10% Ende 2022 auf 0.87% gesunken. Sie widerspiegelt die Erwartung, dass die SNB ihren Leitzins von derzeit 1.25% auf deutlich unter 1.00% senken wird. Gemessen an den Forward-Rates der Franken-Swaps wird danach mit einer längeren Tiefzinsphase gerechnet. Die aktuellen Renditen der Obligationen sind nicht auf dem tiefen Niveau wie während der Negativzinsphase, aber Euphorie lösen sie keine aus. Die Suche nach Alternativen mit mehr Ertrag rückt wieder in den Vordergrund, insbesondere für Investoren wie Pensionskassen, die eine Mindestrendite zu erreichen haben.
Vor Angeboten, welche ohne Risiken eine Rendite von mehreren Prozent in Schweizer Franken versprechen, sei aber gewarnt. Niemand bezahlt freiwillig hohe Zinsen. Das Kleingedruckte im Prospekt ist wichtig, was man spätestens seit der Ausradierung der AT1-Anleihen der Credit Suisse weiss oder schmerzhaft erfahren hat. Private Debt ist ein anderes Zauberwort, welches alle Renditeprobleme lösen soll. Dabei handelt es sich um Kredite für Firmen, die für die Emission einer börsenkotierten Anleihe zu klein sind und daher den direkten Weg zu den Investoren suchen. Die Regeln der Kreditwürdigkeit sind aber die gleichen wie bei kotierten Anleihen. Hohe Renditen erhält man nur bei einer minderen Bonität. Ob man sein Geld in schwer bis gar nicht handelbare Anlagen mit einem grossen Ausfallrisiko investieren will, muss überlegt sein.
Für mehr Rendite etwas mehr Kreditrisiko einzugehen, ist grundsätzlich keine schlechte Anlageidee. Kreditrisiken werden über einen Konjunkturzyklus hinweg effektiv mit einer Mehrrendite entschädigt. Wichtig ist dabei, dass die Ausfallrisiken der einzelnen Schuldner gut diversifiziert werden. Anlagefonds von High Yield Obligationen mit mehreren Hundert Schuldnern sind eine Möglichkeit, die Entschädigung für die Kreditrisiken mit einem kontrollierten Kreditrisiko abzuschöpfen. Dass ein paar Emittenten in diesen Gefässen Konkurs gehen, ist praktisch sicher, wird aber durch die höheren Renditen der anderen Anleihen mehr als kompensiert.
Den Obligationenteil im Portfolio kann und muss man in einem Umfeld tiefer Zinsen aktiver bewirtschaften. Dabei darf nicht vergessen werden, dass es mehr Rendite ohne mehr Risiko nicht gibt. Riskantere Obligationen können ihre stabilisierende Funktion im Portfolio nur bedingt erfüllen, weshalb im Zweifelsfall ein Verzicht auf mehr Rendite zu Gunsten eines tieferen Risikos in Kauf genommen werden sollte.
Audio-Podcast der SGKB
In den USA steht die Zinswende bevor. In Europa ist sie bereits vollzogen. Unsere Zins- und Konjunkturexperten Patrick Häfeli und Beat Schiffhauer unterhalten sich im Audio-Podcast der St.Galler Kantonalbank darüber, was das für die weiteren Aussichten bedeutet.
Aktienmärkte
US-Aktienmärkte
Dow Jones: +0.72%, S&P500: +0.54%, Nasdaq: +0.65%
Europäische Aktienmärkte
EuroStoxx50: +0.62%, DAX: +0.98%, SMI: +0.46%
Asiatische Märkte
Nikkei 225: geschlossen, HangSeng: +0.00%, S&P/ASX 200: +0.31%
Die Aktienmärkte haben sich nach den Verlusten der Vorwoche wieder gefangen. Auf den tieferen Niveaus wurden die Technologieaktien wieder gekauft. Alle warten nun auf die Fed, die am Mittwoch wohl den Leitzins erstmals senken wird. Der S&P 500 legte letzte Woche 4.02% zu. Die europäischen Aktien stiegen 2.24%, während der Swiss Performance Index die Woche mit einem Plus von 1.14% abschloss.
Die US-Notenbank wird am Mittwoch mit der ersten Zinssenkung beginnen. Der US-Wirtschaft wird schwächer und entsprechend kann sie Unterstützung von der Zinsseite brauchen. Die Inflation ist erhöht, ist aber in den letzten Monaten zurückgegangen. Dies gibt der US-Notenbank den Spielraum, die Zinsen zu senken. Gleichzeitig ist die Lage im Nahen Osten wieder angespannter. Eine Eskalation hätte für die Energieversorgung in Europa ernsthafte Konsequenzen. Die jüngsten Verwerfungen an den Aktienmärkten, mit dem Einbruch des Nikkei Index Anfang August, haben international hohe Wellen geworfen. Die Korrektur an den wichtigsten Aktienmärkten kam umgehend und die Angst vor einer US-Rezession ist stark gestiegen, was die Nervosität erhöhte. Unterdessen hat sich die Lage wieder beruhigt. Der Wellengang ist weiter erhöht. Der Rückenwind für die Aktienmärkte bleibt vor allem dank der guten Gewinnentwicklung in den USA sowie der Aussicht auf Zinssenkungen robust. Was die weitere Entwicklung der Aktienmärkte anbelangt, bleibt die Sicht jedoch eingeschränkt.
Kapitalmärkte
Renditen 10 J: USA: 3.651%; DE: 2.148%; CH: 0.440%
Die Zinsen haben ihren Weg nach unten fortgesetzt. Die Erwartungen haben zugenommen, dass die Fed diese Woche ihren Leitzins um 0.50% senken wird. Ob es so sein wird, werden wir sehen. Einen Grund für eine so starke Zinssenkung gibt es aus unserer Sicht nicht.
Währungen
US-Dollar in Franken: 0.8462
Euro in US-Dollar: 1.1093
Euro in Franken: 0.9390
Die EZB hat wie erwartet den Leitzins erneut gesenkt, aber keine weitere Zinssenkung schon im Oktober versprochen. Das hat dem Euro geholfen, wenn auch nicht allzu stark.
Rohstoffmärkte
Ölpreis WTI: USD 68.72 pro Fass
Goldpreis: USD 2'587.54 pro Unze
Der schwächere US-Dollar und die tieferen Zinsen helfen dem Gold. Diese Beziehung funktioniert auch auf dem Preisniveau von 2'500 US-Dollar pro Unze. Der markante Anstieg des Goldpreises in diesem Jahr wird von den Investoren akzeptiert und sie wenden auf dem höheren Niveau die gleichen Handelsmuster an wie bei einem Preis von 2'000 US-Dollar pro Unze.
Wirtschaft
USA: U. Michigan Konsumentenvertrauen (September) letztes: 67.9; erwartet: 68.5; aktuell: 69.0
Die Stimmung bei den amerikanischen Konsumenten ist etwas besser geworden, befindet sich aber immer noch auf einem tiefen Niveau. Das grosse Thema sind nach wie vor die gestiegenen Lebenshaltungskosten. Deshalb wird die nahe Zukunft pessimistisch gesehen.
Thomas Stucki
8021 Zürich
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