02. Oktober 2023, Tägliche Marktsicht

Kantone können vorerst nicht mit SNB-Geldern rechnen

Die SNB wird auch in Zukunft Gewinne ausschütten, allein schon wegen den grossen Gewinnschwankungen von Jahr zu Jahr. Diese Gelder sollten aber als willkommene Sonderprämie angeschaut und nicht fix verplant werden.

Im Fokus

Die SNB hat im zweiten Quartal für 40 Mrd. Franken Fremdwährungen verkauft und damit den Abbau ihrer Bilanz vorangetrieben. Das hat auch Auswirkungen auf ihre Gewinnausschüttung. Die Finanzdirektoren der Kantone, vieler Gemeinden und des Bundes haben sich an das Manna der SNB gewöhnt Bei der Budgetierung wurde das Geld der SNB, wenn vielleicht nicht formell, aber gedanklich in die Planung einbezogen. Wenn sich die Ausschüttung veränderte, dann nur nach oben. Zuletzt wurden 2022 6 Mrd. Franken an den Bund und die Kantone ausbezahlt. Da die SNB im letzten Jahr einen Verlust von 132 Mrd. Franken ausgewiesen hat, ist die Ausschüttungsreserve weggeschmolzen und der Check der SNB fiel in diesem Jahr aus. Noch schlimmer: Die Ausschüttungsreserve weist ein Minussaldo von fast 40 Mrd. Franken aus. Dieser muss zuerst mit den zukünftigen Gewinnen gedeckt werden, bevor gemäss der geltenden Ausschüttungsvereinbarung wieder Gelder fliessen können.

Die Gewinne und Verluste der SNB schwanken stark. Steigen die Aktien, sinken die Zinsen oder wird der Franken schwächer, verdient die SNB viele Milliarden. Darauf sollten die Finanzdirektoren aber nicht setzen. Im umgekehrten Fall wie 2022 summieren sich auch die Verluste. Vielmehr müssen die Planspiele vom durchschnittlich zu erwartenden Gewinn der SNB ausgehen. Dieser wird praktisch ausschliesslich durch die Anlage der Devisenreserven generiert. Auf der anderen Seite muss die SNB die Gelder auf den Girokonti der Banken und die ausstehenden SNB-Bills verzinsen, damit sie den Geldmarktzins im Bereich ihres Leitzinses halten kann. Für die Schätzung des Gewinnpotentials spielen diese Zinszahlungen aber keine grosse Rolle, da bei höheren Schweizer Zinsen üblicherweise auch die Zinsen im Ausland höher sind. Entscheidend ist die Zinsdifferenz zwischen dem Ausland und der Schweiz und diese ist über die Zeit recht konstant.

Aktuell belaufen sich die Devisenreserven der SNB auf rund 700 Mrd. Franken, welche zu 25% in Aktien und zu 75% in Anleihen investiert sind. Bei einer angenommenen Zinsdifferenz von 2% und einer Risikoprämie von 3% auf den Aktien hat die SNB ein jährliches Ertragspotential von rund 15 Mrd. Franken. Davon gehen 7 Mrd. Franken weg, wenn der Franken wie zu erwarten ein Prozent pro Jahr teurer wird. Konservativ gerechnet hat die SNB somit ein Ertragspotential von 8 Mrd. Franken pro Jahr. Es muss daher damit gerechnet werden, dass es fünf Jahre braucht, um wieder eine positive Ausschüttungsreserve aufzubauen.

Für die Finanzdirektoren kommt erschwerend hinzu, dass das Gewinnpotential der SNB abnimmt, wenn sie den Abbau der Bilanz im gleichen Tempo vorantreiben kann wie in den letzten Quartalen. 100 Milliarden Franken weniger Devisenreserven entsprechen gut einer Milliarde weniger Gewinn. Gleichzeitig wird der Franken mehr als ein Prozent teurer, wenn die SNB regelmässig als grosser Käufer von Franken im Devisenmarkt aktiv ist.

Die SNB wird wieder Gewinne ausschütten können, allein schon wegen den grossen Gewinnschwankungen von Jahr zu Jahr. Diese Gelder sollten als willkommene Sonderprämie gewertet werden. Die Millionen der SNB als Teil des Budgets einzuplanen, wird für eine längere Zeit kaum mehr möglich sein. Vor allem nicht in der Grössenordnung, an die wir uns gewöhnt haben.

Aktienmärkte

US-Aktienmärkte
Dow Jones: -0.47%, S&P500: -0.27%, Nasdaq: +0.14%

Europäische Aktienmärkte
EuroStoxx50: +0.31%, DAX: +0.41%, SMI: +0.42%

Asiatische Märkte
Nikkei 225: +0.24%, HangSeng: geschlossen, S&P/ASX 200: -0.30%

Der bis am Samstag noch drohende Shutdown der US-Verwaltung und steigende Zinsen sind einigermassen widersprüchlich. In der Kombination war es aber ein Umfeld, das nicht zu Investitionen im Aktienmarkt animierte. Der S&P 500 verlor letzte Woche 0.74%. Die europäischen Aktien sanken 0.77%, während der Swiss Performance Index die Woche mit einem Minus von 0.65% abschloss.

Die Aktienmärkte werden weiterhin von einer Dreierseilschaft aus Inflationsentwicklung, Konjunkturaussichten und Geldpolitik vor sich hergetrieben. Das grosse Bild ist gemischt. Besser lässt sich die aktuelle Lage nicht umschreiben. Von zwei der drei Faktoren gibt es eher positive Meldungen. Die Inflation ist auf gutem Wege und in den letzten Monaten kontinuierlich gesunken. Der Trend stimmt, aber die effektive Höhe der Inflation ist nach wie vor kritisch. Im September ist der Ölpreis angestiegen, was die Inflationsrate zumindest temporär wieder nach oben drücken wird. Auch auf dem richtigen Wege, aber noch nicht am Ziel, ist die Kerninflation ohne die schwankenden Energiepreise. Diese hält sich wegen Zweitrundeneffekten und einer soliden Lage am Arbeitsmarkt hartnäckig hoch und könnte die Notenbanken noch einmal auf den Plan rufen. Hier liegt die Betonung allerdings auf „könnte“. Wir sind der Meinung, dass die Notenbanken nun den Zinsgipfel erklommen haben und es keine weiteren Zinserhöhungen mehr geben wird. Dieser Aspekt ist positiv für die Aktienmärkte. Demgegenüber fallen die Konjunkturdaten eher auf der schwachen Seite aus und die Talsohle im internationalen Handel ist noch nicht erreicht. Die vorausschauenden Konjunkturindikatoren aus der Eurozone, den USA und der Schweiz signalisieren weiterhin eine Abschwächung. Chinas Wirtschaft durchläuft eine konjunkturelle und strukturelle Schwächephase, weshalb sie die Weltwirtschaft nicht antreiben kann wie in der Vergangenheit. Deshalb kann es an den Aktienmärkten in den kommenden Wochen weiterhin zu erhöhten Kursausschlägen kommen.

Kapitalmärkte

Renditen 10 J: USA: 4.610%; DE: 2.839%; CH: 1.104%

Die Zinsen bei den Obligationen sind weiter auf dem Aufwärtspfad, vor allem diejenigen von Anleihen mit längeren Laufzeiten. Am Kapitalmarkt sickert die Erkenntnis ein, dass es länger dauern wird, bis die Zentralbanken ihre Geldpolitik wieder lockern und die Zinsen senken werden.

Währungen

US-Dollar in Franken: 0.9159
Euro in US-Dollar: 1.0568
Euro in Franken: 0.9678

Der Franken hat sich nach seinem kleinen Schwächeanfall von letzter Woche wieder aufgefangen. Die Nationalbank ist weiterhin am Devisenmarkt aktiv und verkauft Fremdwährungen gegen Franken, um ihre grosse Bilanz zumindest etwas abzubauen. An diesem Vorgehen wird sie festhalten, was dem Franken ein solides Fundament verpasst. Solange die SNB ihre Politik nicht ändert, wird der Franken vor allem gegenüber dem Euro nicht substanziell an Wert verlieren.

Rohstoffmärkte

Ölpreis WTI: USD 90.98 pro Fass
Goldpreis: USD 1'842.70 pro Unze

Der Goldpreis ist innert weniger Tage um 3% auf den tiefsten Stand seit dem März gefallen. Nachdem die Marke von 1’900 US-Dollar pro Unze nach unten durchbrochen wurde, wurde im grossen Stil Geld aus den Gold-ETF abgezogen. Allein der ishares-ETF von Blackrock verkaufte 13 Tonnen Gold.

Wirtschaft und Konjunktur

Schweiz: KOF-Konjunkturbarometer (September)
letztes: 96.2; erwartet: 90.5; aktuell: 95.9

Der vorausschauende Indikator der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich zeigt für die Schweizer Wirtschaft weiterhin eine unterdurchschnittliche Entwicklung an. Negativ trägt das Verarbeitende Gewerbe dazu bei, insbesondere die Metallindustrie. Demgegenüber zeigt sich die Geschäftslage im Finanzwesen und beim Bau von der positiven Seite. Die Zahlen des Indikators sind im Vergleich zu den Erwartungen aufgrund der jährlichen Revision der Berechnungsgrundlagen höher ausgefallen. 

Thomas Stucki

Leiter Investment Center
Stauffacherstrasse 41
8021 Zürich
Ansicht vom Gebäude der Niederlassung der St.Galler Kantonalbank in Zürich