15. September 2023, Tägliche Marktsicht

EZB-Zinsentscheid unterstützt Aktienmärkte

Der gestrige Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank sorgt bei den Aktienmärkten für Rückenwind.

Aktienmarkt Schweiz

SMI: +1.10%, SPI: +0.93%, SMIM: +0.19%

Der Schweizer Aktienmarkt verzeichnete gestern Kursgewinne. Insbesondere nach dem Zinsentscheid der EZB, an welchem eine Leitzinserhöhung um 25 Basispunkte angekündigt wurde, zogen die Aktienkurse an und die Kursgewinne konnten ausgeweitet werden. Der Leitindex SMI schloss letztlich 1.1% im Plus. Von den 20 Blue Chips im SMI standen alle im positiven Bereich, einzig der Computerzubehörhersteller Logitech (-0.3%) büsste etwas an Wert ein. An der Tabellenspitze stand der Logistiker Kühne + Nagel (+2.7%). Damit konnten die Vortagesverluste vom Mittwoch wieder ausgeglichen werden. Gerüchten zufolge soll Grossaktionär Klaus-Michael Kühne womöglich in Betracht ziehen, Anteile am Hamburger Hafenbetreiber HHLA zu erwerben. Dies, nachdem die Reederei MSC ein Kaufangebot unterbreitet hatte. Sie bietet für 49.9% der ausstehenden Aktien einen Preis von EUR 16.75. Der Luxusgüterkonzern Richemont (+1.7%) avancierte ebenfalls überdurchschnittlich. Ein positiver Analystenkommentar unterstützte die Aktien des Luxusgüterherstellers. Die Pharmaschwergewichte Novartis (+1.6%) und Roche (+1.2%) konnten deutlich zulegen, während Nahrungsmittelkonzern Nestlé (+0.6%) etwas weniger avancierte. Daneben waren im gestrigen Umfeld auch die Versicherungswerte gefragt. Swiss Re (+1.4%), Swiss Life (+1.4%) und Zurich Insurance (+1.2%) konnten zwischen 1.2% bis 1.4% zulegen.

Aktienmärkte Europa

EuroStoxx50: +1.33%, DAX: +0.97%

Die europäischen Aktienmärkte entwickelten sich gestern auf breiter Front erfreulich. Die EZB erhöhte den Leitzins um 0.25%, um der hohen Inflation im Euroraum entgegenzutreten. Die Marktteilnehmer interpretierten die Rede von Christine Lagarde dahingehend, dass mit diesem Zinsschritt der Zinsgipfel erreicht sein könnte und womöglich keine weiteren Zinserhöhungen folgen, was mit deutlich anziehenden Aktienmärkten am Nachmittag quittiert wurde. Der britische FTSE100 sprang dank starker Erdölaktien mit 2.0% am stärksten nach oben, gefolgt vom italienischen FTSE MIB (+1.4%) und vom länderübergreifenden EuroStoxx50 (+1.3%). Auf Sektorenstufe standen alle Bereiche im Plus. Besonders gefragt waren die Sektoren Grundstoffe, Immobilien und Energie. Der Energiesektor profitierte vom höheren Erdölpreis. Rio Tinto (+4.7%), Glencore (+4.4%) aber auch BP (+3.1%) und Shell (+2.4%) zogen deutlich an.

Aktienmärkte USA

Dow Jones: +0.96%, S&P500: +0.84%, Nasdaq: +0.81%

Auch die US-Aktienmärkte zeigten sich gestern freundlich und verzeichneten Kursgewinne. Der US-Leitindex Dow Jones legte um 1% zu, gefolgt vom marktbreiten S&P500 (+0.8%) und vom technologielastigen Nasdaq (+0.8%). Auf Einzeltitelebene stand das Börsendebut vom Chiphersteller Arm im Blickfeld. Der Ausgabepreis lag bei USD 51 je Aktie. Im Tagesverlauf sprang die Aktie um 24.7% nach oben und ging bei einem Aktienkurs von USD 63.59 aus dem Handel. Mit einem IPO von rund USD 4.9 Mrd. ist es bislang der grösste Börsengang des Jahres. Die japanische SoftBank hält auch nach dem IPO noch 90% der ausstehenden Aktien.

Kapitalmärkte

Renditen 10 Jahre
USA: 4.269%; DE: 2.588%; CH: 0.966%

Während die Zinsen in den USA im gestrigen Tagesverlauf leicht anzogen, glitten die längerfristigen Renditen in Europa und der Schweiz nach Bekanntgabe der neusten geldpolitischen Lagebeurteilung der Europäischen Zentralbank leicht zurück. Die Aussagen von EZB-Präsidentin Christine Lagarde wurden dahingegen gedeutet, dass der Zinsgipfel in Europa nun erreicht sein könnte. Auch wir gehen davon aus, dass die Europäische Zentralbank ihre Leitzinsen nicht mehr weiter erhöhen wird.

Währungen

US-Dollar in Franken: 0.8955
Euro in US-Dollar: 1.0650
Euro in Franken: 0.9538

Der Euro geriet im Anschluss an die Pressekonferenz der Europäischen Zentralbank deutlich unter Druck. Zwar wurden die Leitzinsen ein weiteres Mal angehoben, was die Gemeinschaftswährung grundsätzlich unterstützen solle. Schwerer wogen jedoch die Aussagen von EZB-Präsidentin Christine Lagarde, wonach die Leitzinsen damit ihren Gipfel erreicht haben könnten.

Rohwarenmärkte

Ölpreis WTI: USD 90.81 pro Fass
Goldpreis: USD 1'915.85 pro Unze

Erstmals in diesem Jahr ist der Erdölpreis der Sorte WTI über die Marke von 90 US-Dollar das Fass angestiegen. Vor allem die Verknappung des Angebots treibt zurzeit die Preisentwicklung. Insbesondere Öl aus Saudi-Arabien ist gefragt. Aufgrund der Sanktionen gegen Russland ist der Staat am Golf zum wichtigsten Lieferanten des Westens aufgestiegen und kann Preise deutlich über dem aktuellen Marktpreis verlangen.

Wirtschaft und Konjunktur

Eurozone: EZB Hauptrefinanzierungssatz
letzter: 4.25%; erwartet: 4.25%; aktuell: 4.50%
Eurozone: EZB Einlagezinssatz
letzter: 3.75%; erwartet: 3.75%; aktuell: 4.00%

Die Europäische Zentralbank hat ihre Leitzinsen gestern um weitere 0.25% erhöht. Damit hat die EZB ihre Zinsen zwar bereits das zehnte Mal in Folge erhöht. Noch immer ist die Inflation in der Eurozone aber viel zu hoch und schwächt sich nur langsam ab. Im August stiegen die Preise im Euroraum um durchschnittlich 5.3% an, womit die Teuerung weiterhin deutlich über dem Zielwert der EZB von 2% lag. Selbst für das Jahr 2024 erwarten die Experten der Europäischen Zentralbank noch eine durchschnittliche Inflationsrate von 3.2%. Man werde deshalb den Leitzins so lange wie erforderlich auf einem ausreichend restriktiven Niveau festlegen, um eine zeitnahe Rückkehr der Inflation zum mittelfristigen 2%-Ziel zu erreichen. Bei der Festlegung der angemessenen Höhe und Dauer das restriktiven Niveaus werde man weiterhin einen datengestützten Ansatz verfolgen und von Sitzung zu Sitzung entscheiden. Wir gehen allerdings davon aus, dass der Zinsgipfel in der Eurozone mit diesem Schritt nun erreicht ist. Aufgrund der nur langsam sinkenden Inflation erwarten wir aber keine schnellen Zinssenkungen im Euroraum.

Patrick Häfeli

Senior Strategieanalyst Fixed Income
Stauffacherstrasse 41
8021 Zürich
Ansicht vom Gebäude der Niederlassung der St.Galler Kantonalbank in Zürich

Angela Truniger

Finanzanalystin
Stauffacherstrasse 41
8021 Zürich
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